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DIE SONNE IM RAUSCHEN DER WELT

Die Sonne im Rauschen der Welt,

 

                                                 der Blätter, der Wasser, der Meere. Schauen wir auf eine kleine Chronologie ihrer Bild-Erfindungen, müssen wir feststellen, dass die Malerin Regina Nieke diesen Glücksmoment des Lichts weiter denkt. Das einsame Boot in unendlich erscheinender Kulisse bringt unsere Gedanken unweigerlich zurück zum Tag und seinen Nachrichten aus der Welt, den Flüchtenden, den Unruhen. Zudem kommen zwei Meisterwerke aus der Kunstgeschichte in Erinnerung.

 

Vor etwa 200 Jahren malte Caspar David Friedrich das Bild Der Mönch am Meer, einhundert Jahre später entstand Edvard Munchs Gemälde Solen, in dem er seine Bewunderung für den kurzen Moment des Sonnenlichts im Dezember Norwegens ausdrückt.

Regina Nieke, sichtlich inspiriert, feiert nun ihrerseits mit Spray-, Acryl- und Ölfarben auf textilen Malgründen die Weiten von Himmel und Erde, glühender Sonne und ozeanischen Wellen, wo ihr bemanntes Boot fast verschwindet.

So ein Bild kann man lesen in der Art, wie es Heinrich von Kleist vor Friedrichs Bild vermochte, indem er eine Art von geistiger Lebendigkeit im Raum zwischen ihm selbst und dem Gemälde reflektiert.  Wir können aber bei Regina Nieke weiterschauen, ihr über viele Jahre entwickeltes Thema entdecken und da anknüpfen. Eine ihrer Figuren finden wir in Betrachtung einer gläsern durchscheinenden (Erd-)Kugel als Spiegel des Selbst. Malerei als Bild von einer habhaft gewordenen Welt, in der wir nur noch uns selbst sehen.

 

Sehen im Sinne von unwiderruflicher Transparenz. Oder Sehen allein unter dem Aspekt  des noch zu Beherrschenden. Eine Besonderheit in Regina Niekes Malerei ist die Modulation der Farbe. Sie reicht vom reliefartig dicken Auftrag bis zur zartesten Lasur, die ihre Untergründe kaum noch verdeckt. Die Malerin spielt gekonnt und auch genussvoll mit diesem ästhetischen Kontrast. So werden gegenstandslose Reliefs aus purer Farbe  innerhalb ihrer Figuren, bevorzugt ihrer Gesichtsfelder, zum Sinnbild für Nichterkennbarkeit oder für die Aufhebung des Individuellen, das dann jedoch auf der Form-Ebene wieder einzigartig wird – ein kleiner Geniestreich! Diese Reliefs erinnern daran, dass es sich hier um Bilder aus Farbe handelt, ähnlich wie uns ihre vor allem in jüngerer Zeit zunehmend durchscheinende helle und zarte Malweise zur nicht grundierten, nackten Leinwand führt. Der Sinn im Kleid dieses anziehenden Spiels geht durch ihr ganzes Bildwerk und gibt dem ersten Schein, der Schönheit, jenen Schrecken, den diese nicht verbergen will; der aber vielleicht durch sie erträglich werden kann.

 

Anke Zeisler, 2018

Regina Nieke @ St. Mary's Church Untitled (Sun) 2016 spraypaint/ acrylic/ oil on canvas 115x140cm

© Regina Nieke / reginanieke@mail.com

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